BOB fordert Aussetzen der Markierungsarbeiten

von BOB

Auf der Teutoburger Straße werden derzeit in Fahrtrichtung Sterkrade – Bottrop und umgekehrt Radfahrstreifen markiert.

Eigentlich sollte durch diese Maßnahme das Radwegenetz verbessert und sicherer werden. Das Gegenteil ist nach Meinung zahlreicher Bürgerinnen und Bürger der Fall, wie auch die WAZ in ihrem gestrigen, ganzseitigen Artikel „Neue Radwege erhitzen die Gemüter“ berichtet.

In der letzten Woche haben uns acht Bürgerinnen und Bürger kontaktiert und Beschwerden gegen die „Radwegeführung auf der Teutoburger Straße“ vorgebracht.

In Höhe des Blumengeschäftes Berger ist es bereits in der vergangenen Woche zu zwei folgenschweren Unfällen (einer am 29.10.2019) mit Radfahrern gekommen, die ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten.

Es wird die Gründung einer Bürgerinitiative gegen die Radwegeführung in Erwägung gezogen und selbst über eine Strafanzeige gegen die Verantwortlichen wegen vorsätzlicher Verkehrsgefährdung wird nachgedacht.

Trotz einiger Anträge im Vorfeld konnten wir die Beigeordnete Frau Lauxen nicht von der Sinnhaftigkeit einer Bürgerbeteiligung überzeugen. Im Rahmen einer expliziten Bürgerbeteiligung zu dem Vorhaben hätten die Hinweise und Bedenken der Bürgerinnen und Bürger leicht diskutiert und abgearbeitet werden können.

Die Bürgerinnen und Bürger beschweren sich insbesondere darüber, dass die Radwegeführung nicht den Vorgaben der Verwaltungsvorschrift Straßenverkehrsordnung und den entwurfstechnischen Regelwerken entspricht.

Dadurch sei der Radfahrstreifen nicht verkehrssicher und es würde zwangsläufig zu zahlreichen Unfällen mit Gefahr für Leib und Leben der Radfahrer kommen.

Die Akzeptanz der neuen Radwegeführung ist aus diesem Grunde nicht gegeben und es wird vorrangig der noch vorhandene Hochbord-Radweg neben dem Gehweg benutzt.

Die Anforderungen an Radfahrstreifen:

Der Einsatz markierter Radverkehrsführungen auf der Fahrbahn ist in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) und den deut­schen entwurfstechnischen Regelwerken ausführlich beschrieben [v.a. RASt 2006 und ERA 2010].

Demnach sollen Radfahrstreifen inklusive Markierung im Regel­fall 1,85 m breit sein und mittels einer 0,25m breiten und ununterbrochenen Linie von der Fahrbahn des Kfz- Verkehrs abgetrennt sein.

Entlang von Parkstreifen sind neben Radfahrstrei­fen zusätzliche Sicherheitstrennstreifen mit einer Breite von 0,50 m bis 0,75 m zu markieren.

Werden Radfahrstreifen an Straßen mit starkem Kraftfahrzeugverkehr angelegt, so ist nach VwV-StVO ein breiterer Radfahrstreifen oder ein zusätzlicher Sicher­heitsraum zum fließenden Verkehr erforderlich.

Wir haben die Hinweise und Bedenken der Bürgerinnen und Bürger geprüft und kommen zu folgendem Ergebnis:  

1. Verstoß gegen die Regelwerke:

Die Breite der Längs-Parkstreifen ist zu gering bemessen.

Die übliche Breite eines Längs-Parkstreifens beträgt 2.30 Meter, mindestens jedoch 2.00 Meter.

Der markierte Längs-Parkstreifen auf der Teutoburger Straße ist nur 1.75 Meter breit (gemessen vor dem Haus Teutoburger Straße 140), so dass wesentliche Teile der abgestellten Fahrzeuge verkehrsgefährdend in den Radfahrstreifen hineinragen.

Das schränkt die nutzbare Breite des Radfahrstreifens deutlich ein und verstößt gegen die VwV-StVO.

2. Verstoß gegen die Regelwerke:

Es fehlt der Sicherheitstrennstreifen zwischen Parkstreifen und Radfahrstreifen sowie zwischen Radfahrstreifen und Fahrbahn.

Viele Unfälle geschehen nicht an den Knotenpunkten, sondern stehen im Zusammenhang mit geöffneten Fahrzeugtüren.

Hohe Unfalldichten und Unfallraten zeigen sich insbesondere für Radfahrstreifen neben denen geparkt wird, wie hier der Fall.

Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) leitet aus diesen Forschungsergebnissen folgende Empfehlungen ab: Zur Gewährleistung eines ausreichenden Sicherheitsabstands vor parkenden oder vorbeifahrenden Fahrzeugen sollten Radfahrstreifen stets einen Sicherheitstrennstreifen von 0,75 m Breite zum Parkstreifen und zur Fahrbahn erhalten.

Die Stadt Duisburg hat in der Anweisung für den Straßenbau in Duisburg bereits im Juli 2007 für Radfahrstreifen neben Längsparken einen Sicherheitsstreifen von 0,50 Meter vorgeschrieben. Der Sicherheitsstreifen wird mit einem Schmalstrich von 0,12 Meter Breite gekennzeichnet.

Auch in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) sind entsprechende Schutzräume zum fließenden Verkehr für Straßen mit starkem Kraftfahrzeugaufkommen – als solche muss die Teutoburger Straße ja wohl auch gelten - vorgesehen.

Auf der Teutoburger Straße ist weder ein Sicherheitstrennstreifen zwischen dem Längs-Parkstreifen und dem Radfahrstreifen, noch zwischen dem Radfahrstreifen und der Fahrbahn ausgeführt.

Diese Schutzräume sind unabdingbar, da die Straße auch von Bussen und Schwerlastfahrzeugen befahren wird und an der Straße auch Schulen und Kindergärten angesiedelt sind. 

3. Verstoß gegen die Regelwerke:

Der Radfahrstreifen ist zu schmal.

Nach den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) sollen Radfahrstreifen in Regelbreite von 1.85 Meter (incl. Breitstrich) zuzüglich Sicherheitsraum zu parkenden Fahrzeugen ausgeführt werden.

Wenn wir tatsächlich eine Verkehrswende erreichen wollen und über Transporte mit Lastenfahrräder nachdenken, die auch noch überholt werden können, ist ein noch breiterer Radfahrstreifen unabdingbar.

Um Radfahrern auf Radfahrstreifen ein sicheres Überholen innerhalb der Markierung zu ermöglichen, sind Breiten von mindestens 2,25 m (inklusive der beiden Markierungsstreifen) erforderlich, da dieser auch beim Überholen nicht verlassen werden darf.

Der Radfahrstreifen auf der Teutoburger Straße ist zwar gemessene 2,23 Meter breit, davon sind aber

  1. 0,25 Meter wegen der in den Radfahrstreifen hineinragenden Fahrzeugteile sowie
  2. 0,75 Meter wegen des fehlenden Sicherheitsstreifens

nicht nutzbar.

Die tatsächlich nutzbare Breite des Radfahrstreifens beträgt somit nur 1,23 Meter und entspricht damit bei Weitem nicht den Regelwerken. 

4. Verstoß gegen die Regelwerke:

Überholen von Radfahrern im Bereich von Einmündungen und Linksabbiegerspuren faktisch nicht möglich.

Im Einklang mit der bislang einschlägig ergangenen Rechtsprechung sowie dem Grundprinzip der Verkehrssi­cherheit als oberste Auslegungsmaxime sämtlicher Ver­haltensvorschriften der StVO bedarf es bei Überholvor­gängen sowie Vorgängen des Vorbeifahrens an Radfahrern unabhängig von der angeordneten Art der Radverkehrsführung eines Mindestseitenabstandes von 1,5 Metern. Kann dieser nicht eingehalten werden, be­steht für Fahrzeugführer gem. § 5 Abs. 4 Satz 2 StVO ein so genanntes „faktisches Überholverbot“.

Insbesondere im Bereich von Einmündungen, Linksabbiegerspuren mit und ohne Signalanlagen ist ein Überholen von Radfahrern unter Einhaltung des Mindestseitenabstands von 1,5 Metern ausführungsbedingt gar nicht möglich.  

Im Bereich der Einmündung Dinnendahlstraße beträgt z.B. die Breite der Fahrbahn neben dem Radfahrstreifen 3,26 Meter.

Fahrzeug und Ladungen zusammen dürfen gem. STVO bis zu 2,55 m breit sein. Kühlfahrzeuge dürfen aus konstruktiven Gründen (Wandstärken der Isolierungen) sogar bis zu 2,60 m breit sein.

Rein rechnerisch könnte also lediglich ein Seitenabstand von ca. 0,71 m eingehalten werden.

Trotz des „faktischen Überholverbots“ überholen alle Kraftfahrzeuge die Radfahrer auf dem Radfahrstreifen und gefährden diese.  

5. Keine Linksabbiegerspur für Radfahrer.

Die verkehrliche Situation hätte es erfordert, dass an Knotenpunkten Vorbeifahrstreifen, aufgeweitete Radaufstellstreifen und direkte oder indirekte Führungen für linksabbiegende Radfahrer angeordnet werden.

Keine der vorstehenden Maßnahmen wurde geplant, so dass an Knotenpunkten – insbesondere für linksabbiegende Radfahrer – eine erhöhte Unfallgefahr besteht. 

6. Das Überfahren des Radfahrstreifens im Bereich der Parkstreifen.

Im Gegensatz zum Radweg als Angebotsstreifen findet beim Radfahrstreifen mit Nutzungspflicht die Abgrenzung ausschließlich durch eine weiße durchgezogene Linie statt.

Diese Linie gem. Verkehrszeichen 295 ist auf der Teutoburger Straße an Haltestellen, einigen Einfahrten, Einmündungen und Kreuzungen durch unterbrochene Breitstriche ersetzt, so dass hier andere Fahrzeuge den Radfahrstreifen kreuzen dürfen. Ein Befahren von einem Radfahrstreifen mit anderen Fahrzeugen ist grundsätzlich nicht erlaubt.

Ob die zwischen dem Radfahrstreifen und dem Gehweg liegenden Parkstreifen trotz der durchgezogenen weißen Linien befahren werden dürfen, ist zumindest strittig und unklar.

Die unterbrochenen Breitstriche zeigen dem Kraftfahrzeugführer eindeutig, dass er in diesem Bereich den Radfahrstreifen kreuzen darf.

Wenn der Parkstreifen auch durch Befahren des Radfahrstreifens erreicht werden soll, warum dann hier eine weiße durchgezogene Linie, deren Überfahren gem. Bußgeldkatalog mit 10 Euro zu bestrafen ist.

Wenn sowohl die weiße durchgezogene Linie, als auch die weiße unterbrochene Linie von Kraftfahrzeugen überfahren werden darf, wird zumindest die unterschiedliche Darstellung die Fahrzeugführer verwirren.      

Zusammenfassung

In einem im Jahr 2018 beendeten Forschungsprojekt der Unfallforschung der Versicherer (UDV) wurde die Verkehrssicherheit der Radfahrstreifen umfassend untersucht.

Wie die Untersuchung zeigt, fühlen sich viele Radfahrer auf den markierten Anlagen nicht sicher. Insbesondere schmale Streifen werden häufiger gemieden und es wird auf die Gehwege ausgewichen.

Beim Überholen von Radfahrern auf den Streifen unterschreitet fast jedes zweite Kraftfahrzeug einen Seitenabstand von 150 cm.

Wir können keine Verkehrswende zu Gunsten des Radverkehrs erwarten, wenn wir die Rahmenbedingungen dafür nicht schaffen. Die hier geplante und teilweise bereits ausgeführte Radwegeführung entspricht in wesentlichen Teilen nicht den aktuellen Empfehlungen und Richtlinien und stellt eine Gefahr für Leib und Leben der Nutzer dar.

Die Defizite und Verkehrsgefährdungen liegen insbesondere

  • in der zu geringen Breite der Längs-Parkstreifen,
  • in dem fehlenden Sicherheitstrennstreifen zwischen Längs-Parkstreifen und Radfahrstreifen,
  • in dem fehlenden Sicherheitstrennstreifen zwischen Radfahrstreifen und KFZ-Fahrbahn,
  • in dem zu schmalen Radfahrstreifen,
  • in dem zwangsläufigen Verstoß gegen ein „faktisches Überholverbot“ insbesondere im Bereich von Einmündungen und Linksabbiegerspuren,
  • in den fehlenden Linksabbiegerspuren des Radfahrstreifens.

Das Bündnis Oberhausener Bürger (BOB) fordert, die weiteren Markierungsarbeiten zur Radwegeführung auf der Teutoburger Straße so lange auszusetzen und zu unterbrechen, bis durch ein Gutachten eines öffentlich bestellten Sachverständigen für Radverkehrsanlagen und einer Stellungnahme des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) Kreisverband Oberhausen / Mülheim nachgewiesen wird, dass die vorhandene und geplante Ausführung den aktuellen Richtlinien, Vorschriften und Empfehlungen entsprechen oder auf diese angepasst wird.

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