Straßenbaubeiträge in Oberhausen

von Peter Bruckhoff

Eine neugemachte Straße mit Bäumen, Grünstreifen, einigen Parkbuchten und E-Ladestationen ist sicher das Ziel vieler Stadtplaner. In vielen Stadtteilen ist das Bild allerdings ein anderes, viele notdürftig reparierte Stellen und Schlaglöcher machen das Befahren der Straßen zu einem Abenteuer. Hinzukommen teilweise marode Kanalrohre, die nicht selten 50 Jahre oder mehr im Boden ihre Dienste tun. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass es bei der Veranlagung von Straßenausbaubeiträgen zu teilweise erheblichen finanziellen Belastungen kommt, die die betroffenen Anlieger überfordern. Seit einigen Jahren wurde daher über eine Abschaffung oder Modernisierung des Straßenausbaubeitragsrechts diskutiert. In einigen Bundesländern wurde bereits reagiert und die Straßenbaubeiträge für Anlieger wurden abgeschafft. Die Kosten für Straßenausbaumaßnahmen werden vom Land übernommen. Dies wäre prinzipiell ein Segen für klamme Kommunen wie Oberhausen.

Doch im Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen herrscht bislang darüber Uneinigkeit. Dennoch war man sich im Klaren, dass das Kommunalabgabengesetz (KAG) dringend überarbeitet werden musste. So ist nun zum 01.01.2020 ein neuer Paragraf 8a KAG NRW in Kraft getreten, mit dem das Straßenausbaubeitragsrecht zwar nicht abgeschafft, sondern modernisiert werden sollte. Es verpflichtet die Gemeinden, ein gemeindliches Straßen- und Wegekonzept zu erstellen und die Transparenz über alle geplanten Unterhaltungs- und Baumaßnahmen für alle Beteiligten – und insbesondere für die Anlieger – zu erhöhen.

Damit eben diese unschönen Hiobsbotschaften über anteilige Straßenbaubeiträge nicht allzu überraschend kommen, sieht der Gesetzgeber frühzeitige Anliegerversammlungen vor, in der die Anlieger frühzeitig und transparent in die Planung einer Straßenausbaumaßnahme einbezogen und über deren finanzielle Auswirkungen unterrichtet werden sollen. In der Anliegerversammlung müssen die rechtlichen, technischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten und gegebenenfalls auch Alternativen zum vorgesehenen Ausbaustandard vorgestellt sowie eine beitragsrechtliche Schätzung des Aufwandes beziffert werden.

Der Gesetzgeber unterscheidet hier umfangreiche und geringfügige Straßenbaumaßnahmen.
In einem Straßen- und Wegekonzept legt die Stadt ihre Absichten da, welche Straßen in einem bestimmten Zeitraum saniert werden sollen.

Der Paragraf 8a Abs. 3 KAG NRW schreibt die Durchführung einer verbindlichen Anliegerversammlung vor, soweit in dem Straßen- und Wegekonzept der Gemeinde beitragspflichtige Straßenausbaumaßnahmen enthalten sind. Ziel ist es, die Anlieger in den Planungsprozess einzubeziehen und sie an der Ausgestaltung der Maßnahme zu beteiligen, um so eine Akzeptanz für eine etwaige beitragspflichtige Maßnahme zu erreichen.

Nur bei geringfügigen Straßenausbaumaßnahmen kann durch Beschluss der kommunalen Vertretung auf die Durchführung einer verbindlichen Anliegerversammlung verzichtet und diese durch ein anderes Beteiligungsverfahren (z.B. schriftliches Anhörungsverfahren) ersetzt werden.

Die Stadtverwaltung Oberhausen hat nun in die Ratssitzung am 20. September 2021 einen Beschlussvorschlag (B/17/0949) eingebracht, mit dem verbindliche Anliegerversammlungen für umfangreiche Straßenbaumaßnahmen und alternative Beteiligungsverfahren für geringfügige Baumaßnamen durchgeführt werden sollen. Im Vorfeld der Ratssitzung wurde kommuniziert, welche Baumaßnahme aus Sicht der Stadtverwaltung als umfangreich und welche Maßnahme als geringfügig eingestuft wird.

Mehr Transparenz

Doch wann handelt es sich um eine geringfügige Straßenbaumaßnahme, so dass auf eine verbindliche Anliegerversammlung verzichtet werden soll?

Dazu macht weder das Kommunalabgabengesetz NRW, noch die Verwaltungsvorlage (B/17/0949) konkrete Feststellungen und Aussagen!

Der im Gesetz verwendete Begriff „geringfügig“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der den Gemeinden zwar einen gewissen Spielraum einräumt, für alle Beteiligten aber eher mehr Unsicherheit als Hilfestellung schafft.

Der Begriff „geringfügig“ ist daher dringend zu konkretisieren, damit für alle Beteiligten Transparenz geschaffen und die beitragspflichtige Straßenbaumaßnahme insbesondere für die Anlieger nachvollziehbar wird.

Die Stadt Essen z. B. hat am 24.2.2021 beschlossen, die „Geringfügigkeit“ mittels Festlegung eine Wertgrenze von 2.500 Euro festzulegen. Diese Summe orientiert sich nicht an den Gesamtkosten der Baumaßnahme, sondern an der höchsten zu erwartenden Beitragshöhe für einen Beitragspflichtigen und ist unabhängig von der Grundstücksgröße. Bis zu dieser Wertgrenze sollen künftig auch andere Beteiligungsverfahren durchgeführt werden können. Diese Ausnahme soll allerdings nur zur Anwendung kommen, wenn es sich um Baumaßnahmen im Bestand handelt. Für Maßnahmen, bei denen viel zu gestalten, also eine Überplanung der Verkehrsflächen angezeigt ist, sollen unabhängig von der Wertgrenze weiterhin Präsenzveranstaltungen durchgeführt werden.

In dem gemeinsamen Änderungsantrag (A/17/1086-01) mit der CDU-Fraktion hat sich das Bündnis Oberhausener Bürger (BOB) auf eine Definition der „Geringfügigkeit“ bis zu einer Wertgrenze von 3 Euro je Quadratmeter Grundstücksfläche als maximal zu erwartenden Straßenausbaubeitrag verständigt. Bis zu dieser Wertgrenze sollen künftig „geringfügige“ Straßenausbaumaßnahmen – soweit es sich um Maßnahmen im Bestand handelt und keine großen Planungsaufgaben umfassen – in einem alternativen Beteiligungsverfahren durchgeführt werden können.

Das Bündnis Oberhausener Bürger hat sich über viele Monate mit dem Thema befasst. Bereits 2019 hat BOB einen Antrag (A/16/4588-01) in den Rat eingebracht, die Straßenbaubeiträge bürgerfreundlicher zu gestalten. Dieser Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.  
Aktuell waren wir mit dem gemeinsamen Änderungsantrag überzeugt, dass die beantragten Ergänzungen und Änderungen zu mehr Transparenz und zu einer Konkretisierung der Gesetzesauslegung beitragen werden. Es wäre damit sichergestellt, dass die Bürgerinnen und Bürger mehr Verständnis für die geplanten Straßenausbaumaßnahmen aufbringen und vor finanziellen Überraschungen geschützt sind.

BOB Redebeitrag in der Ratssitzung vom 20. September 2021

Mehrheitlich beschlossen wurde unser gemeinsamer Änderungsantrag mit den Stimmen der Grünen in der Ratssitzung vom 20. September 2021. Die Stadtverwaltung hat diesem Beschluss nun Folge zu leisten und kann mit dem zusätzlich beschlossenen, monetären Kriterium ziemlich genau feststellen, wann es nach dem Gesetz zu einer verbindlichen Anliegerversammlung kommen muss. Der Begriff „geringfügige“ Straßenausbaumaßnahmen ist nun genau definiert.

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