Temporärer Radweg auf der Mülheimer Straße

von BOB im Rat

Wer als Autofahrer in der rush-hour die Mülheimer Straße passieren will, braucht heute schon gute Nerven. Auf jeweils zwei Spuren quält sich die Blechkarawane von Kreuzung zu Kreuzung. Nur knapp sind wir an gerichtlichen, einschneidenden Maßnahmen wegen erhöhter Stickoxidbelastung vorbeigeschrammt.

Statt sich für einen fließenden Verkehr mit weniger Luftverschmutzung einzusetzen, schlagen die Grünen nun vor, eine Fahrspur der Mülheimer Straße für den Autoverkehr ganz zu sperren und als Pop-up-Bike-Lane zu nutzen.

Wenn Autofahrern eine Spur zugunsten des Radverkehrs weggenommen wird, ist das ein symbolischer Akt, der in der Radfahrszene Jubelstürme auslösen wird. In der Euphorie geht jedoch unter, dass der Pop-up-Radweg als temporäre Fahrradinfrastruktur gedacht ist, so dass die gelbe Farbe, die die Sonderspuren markiert, in wenigen Monaten wieder von den Fahrbahnen gekratzt werden soll - so zumindest der Plan.

Das hört sich zwar nach Provisorium an und nicht nach einer dauerhaften Lösung. Gemeint ist aber offensichtlich, dass die Pop-up-Bikelanes zwar temporär eingerichtet, aber sich danach baulich verstetigen sollen, um zu bleiben.

Als Anlass für den Beschlussvorschlag wurde der verminderte Kfz-Verkehr angeführt. Homeoffice hat selbstverständlich dazu geführt, dass der Autoverkehr während der Pandemie um ca. ein Drittel zurückgegangen ist. Die Karten werden beim Wiederhochfahren nach der Pandemie aber neu gemischt.

Wie aus der aktuellen Studie des Wissenschaftszentrums Berlin (WZB) hervorgeht, gewinnt das Auto in der Corona-Krise an Beliebtheit. Künftig will jeder dritte Bürger*innen aus Angst vor dem Virus Busse und Bahnen meiden und stattdessen lieber auf den eigenen PKW zurückgreifen. Erste Daten zeigen beim Autoverkehr einen stärkeren Anstieg im Vergleich zu Bus und Bahn.

Die Grünen wollen also die Pandemie entgegen dem Bedarf für eine Verkehrswende instrumentalisieren, um ihre ideologisch bedingte Autohasser-Politik fortzusetzen und ihr Ziel weiter zu verfolgen, die wichtigste Nord-Süd-Verbindung Oberhausens – die Mülheimer Straße – für den Autoverkehr gänzlich lahmzulegen.

Nicht, dass wir missverstanden werden: Wir unterstützen jeden sinnvollen Ansatz, der Bürger*innen von einer echten Verkehrswende überzeugen kann; die Betonung liegt aber auf sinnvollen Ansatz.

Wir halten es für falsch, vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie eine „ideologische Verkehrswende“ zu erzwingen.

Verkehrswende

Um eine freiwillige, echte Verkehrswende zu erreichen, fehlt ein seit vielen Jahren von BOB geforderter vernetzter Mobilitätsplan über das gesamte Stadtgebiet, mit dem der Fahrradverkehr, der ÖPNV und der Fußgängerverkehr gleichermaßen gefördert werden kann.
Die Grünen und ihre Dezernentin, Frau Lauxen, haben bis heute nicht verstanden, dass die Verkehrsmittelwahl durch die bauliche und digitale Infrastruktur beeinflusst wird, die zur Verfügung steht.
Einfach gesagt: Wer Infrastruktur sät, wird entsprechende Nachfrage ernten. Wenn ich Radfahrstreifen ausweise, bekomme ich mehr Radfahrer. Und nicht, wenn ich temporäre Pop-up-Radwege auf der Mülheimer Straße ideologisch verordne.

Völlig ungeeignet

Zudem ist die Mülheimer Straße für ein solches Experiment völlig ungeeignet:

1. In unmittelbarer Nähe der Mülheimer Straße gibt es eine Vielzahl von Nebenstraßen mit guter Fahrradinfrastruktur, so dass ein Befahren der Mülheimer Straße mit dem Fahrrad gar nicht erforderlich ist.

2. Entlang der Mülheimer Straße sind Parkstreifen angeordnet. Um von der Parklücke auf die Fahrbahn zu kommen, ist ein Überqueren des Pop-up-Radweges erforderlich, d.h. beim Rein- und Rausfahren der Autos aus den Parkstreifen sind Unfälle mit Radfahrern vorprogrammiert.

3. Entlang der Mülheimer Straße sind Gewerbetreibende angesiedelt, die einen Anlieferverkehr benötigen. Auch dieser muss den Pop-up-Radweg überqueren mit den gleichen Gefahren für die Radfahrer.

4. Die Corona-Krise kann nicht ausgenutzt werden, um schnell den öffentlichen Straßenraum umzugestalten. Hier ist ein umfangreiches Genehmigungsverfahren unter Beteiligung der betroffenen Bürger*innen und Gewerbetreibenden erforderlich.

Mehrheitlich hat der Rat einem Prüfauftrag zugestimmt. Die Verwaltung möge nun kurzfristig prüfen, wie dieser temporäre Radweg schon für die Sommerferien umgesetzt werden kann.

Wir haben als einzige politische Gruppierung im Rat diesem Unsinn nicht zugestimmt.

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